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Soziale Medien wie Facebook und Instagram schaden laut Wissenschaftlern Jugendlichen. An Zürcher Schulen wird deren Nutzung strikt geregelt. (Symbolbild: Monkey Business / Adobe Stock)

Social Media verbieten?

Von: Clarissa Rohrbach

30. April 2024

Experten fordern ein Verbot von Facebook und Co. für Jugendliche. Diese würden zu psychischen Störungen führen, sind sie überzeugt. In den Stadtzürcher Schulen können soziale Medien nur zu schulischen Zwecken genutzt werden, sonst droht ein Einzug des Handys. 

Wissenschaftler schlagen Alarm. Der Konsum von Social Media würde Jugendlichen schaden. Der amerikanische Psychologieprofessor Jonathan Haidt von der New York University hat in einem neuen Buch einen Zusammenhang zwischen psychischen Krankheiten und den konstanten Reizen des Internets aufgezeigt. Darin erklärt er, dass Störungen wie Depressionen, Angstzustände und Suizidgedanken seit 2010 zugenommen haben, weil die Generation Z (ab 1996 Geborene) mit dem Handy in der Tasche aufgewachsen ist. «Die Online-Portale rufen Jugendliche in ein alternatives Universum, das suchterzeugend ist und diese sozial isoliert, sie sind ungeeignet für Heranwachsende», sagt Haidt.

Er fordert deswegen, dass Social Media für unter 16-Jährige verboten wird. Dem stimmt der Schweizer Philosoph Rolf Dobelli zu. «Social Media ist eine Atombombe fürs Gehirn. Das Hirn eines Teenagers ist nicht dazu gemacht, die Lawinen an Informationen zu verarbeiten», sagte er zu «Blick». Die Aufmerksamkeit der Jugendlichen wird heutzutage zum Grossteil dem Bildschirm geopfert. So haben in der Schweiz fast 100 Prozent der 12- bis 19-Jährigen ein Handy. 91 Prozent nutzen das Gerät, um Zeit auf sozialen Netzwerken zu verbringen, davon 73 Prozent auf Instagram. Im Schnitt brauchen Jugendliche heute das Smartphone täglich für 3 Stunden und 33 Minuten, am Wochenende sind es 4 Stunden und 53 Minuten.

Mädchen stark betroffen

Laut Haidt sind vor allem Mädchen betroffen. Denn soziale Medien zapfen psychologische Voraussetzungen, die bei diesen stärker gegeben sind. Sie vergleichen sich eher mit anderen Frauen und eifern Schönheitsidealen nach, die im Internet propagiert werden. Nicht selten werden Mädchen online gemobbt, was zu einem Gefühl von Minderwertigkeit führt. Beim Sorgentelefon 147 von Pro Juventute sind 70 Prozent der Ratsuchenden weiblich. Dort haben die Beratungen im Jahr 2023 im Vergleich zu 2019 um 70 Prozent zugenommen. «Junge Menschen sind psychisch zunehmend belastet, das besorgt uns sehr», sagt die Verantwortliche Anja Meier. Dabei spielten Social Media eine wichtige Rolle. Laut Meier bergen diese Risiken für die gesunde Entwicklung von Jugendlichen.

Trotzdem findet Pro Juventute ein Social-Media-Verbot nicht zielführend. «Das wäre schwierig», sagt Meier, «Smartphones gehören in unserer digitalisierten Welt nun mal zum Alltag junger Menschen». Soziale Medien seien für die Identitätsfindung von Jugendlichen wichtig, da sie sich dort austauschen, kreativ sein und sich in der Welt orientieren können. Stattdessen liegt laut Meier der Schlüssel in der Stärkung der Medienkompetenz. «Einen verantwortungsbewussten Umgang mit digitalen Medien zu lernen, ist quasi so wichtig wie das Lernen von Lesen und Schreiben», sagt sie.

Handy eingezogen

Im Unterricht in der Stadt Zürich wird laut dem Schuldepartement ein grundsätzliches Verständnis von Social Media gemäss Lehrplan 21 bereits vermittelt. «Das ist die Basis für die möglichst risikofreie Nutzung dieses Mediums», sagt Sprecher Marc Caprez. Die Medienkompetenzen hätten ein stärkeres Gewicht erhalten und würden in allen Fächern und Stufen, teilweise bereits im Kindergarten, gefördert. Dabei unterstützten Fachstellen wie zum Beispiel die Stadtpolizei die Schulen. Eine wichtige Rolle würden auch die Eltern spielen. Diese sollten neben klaren Regeln sich auch aktiv dafür interessieren, wie sich ihre Kinder in der virtuellen Welt bewegen, und diese begleiten.

Die Nutzung von Smartphones regelt die Stadt strikt. Laut Hausordnung sind Geräte wie Handys im Schulhaus und auf den Aussenanlagen nur zu schulischen Zwecken zu benutzen. Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Schulpersonals müssten die Geräte ausgeschaltet und versorgt werden. Bei Verstoss gegen diese Regelung könne das Gerät eingezogen werden und zur Abholung der Eltern bereitgehalten werden.

Trotz strikter Handhabung sehen Behörden auch die Vorteile von sozialen Medien. «Evaluationen zeigen, dass Schülerinnen und Schüler Social Media intensiv für die Kommunikation innerhalb der Peergroup und auch zum Austausch von Arbeitsergebnissen nutzen», sagt Caprez. Die Zürcher Schulen zeigen sich gegenüber digitalen Möglichkeiten offen. So will ein Hort in Wiedikon Videospiele benutzen, um Kinder zu beschäftigen («Tagblatt» vom 10. April). Die Games würden den sinnvollen Umgang mit digitalen Medien fördern, meinen die Verantwortlichen. Spiele wie «Minecraft» stärkten die Teamfähigkeit, die Konzentration und die Problemlösungsstrategien der Kinder.

Im Ausland teils verboten
Andere Länder haben hingegen bereits gehandelt. So hat der US-Bundesstaat Florida im März ein Social-Media-Verbot für unter 14-Jährige erlassen. Die Betreiber von «süchtig machenden Plattformen» müssen bis 2025 deren Konten löschen. Die Behörden nehmen die Tech-Konzerne in die Pflicht. Diese sollen bei der Alterskontrolle rigoroser vorgehen und Neuanmeldungen von einem Drittanbieter prüfen lassen. Andere US-Bundesstaaten prüfen ähnliche Gesetze, doch dagegen haben die Tech-Konzerne Tiktok und Meta Klage erhoben. Meta, zu dem Facebook und Instagram gehören, reagiert aber auch auf den zunehmenden Druck der Politik. So können Eltern nun auf Instagram das Profil ihrer Kinder beaufsichtigen und Zeitlimiten setzen.


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